Ich weiß, es gibt so viele atemberaubende Plätze auf dieser Erde, die oft nur mit dem Flieger zu erreichen sind. Obwohl ich eigentlich keine Flugangst habe, bleibe ich lieber auf dem Boden um herauszufinden, welch schöne Flecken ich mit dem Auto oder zu Fuß erreichen kann. Wem erzähle ich das, wir Deutsche können uns wirklich nicht beklagen! Also mache ich mich au, um eine Region zu entdecken (so nah und doch so fern), von der ich bislang nur gelesen hatte.
Die Malerei ist das auslösende Moment, das mich zu einer Reise nach Oberbayern, nach Murnau am Staffelsee, motiviert. Murnau, das deutsche Innsbruck, wie man es auch liebevoll nennt, das hat gerufen. Murnauer Moos, ehemalige Malerkolonie, Gabriele Münter + Wassily Kandinsky, Blauer Reiter, Staffelsee, die Nähe zu Garmisch-Partenkirchen und damit zu den Alpen. Super, denke ich und los geht´s.
Der Weg ist das Ziel oder vielleicht doch umgekehrt?
Den Anfang macht die A65, es folgt ihr die A8 bis Autobahnkreuz Unterelchingen, danach die A7 bis Kempten. Von jetzt an geht es über Bundesstraßen: Marktoberdorf, Schongau, Peiting und nach einer echten Tour über Land, bei der ich auch den wilden Lech in seinem „urigen“ Bett überquere, folgt Peißenberg und bald schon Murnau.
Wasser, Luft, Licht und Berge – der Staffelsee und drum herum
Murnau liegt am Staffelsee, einer der besonders schönen oberbayrischen Seen. Er ist zwar klein und kann sich weder mit dem Ammersee noch mit dem Starnbergersee an flächenmäßiger Größe messen, dafür aber ist er moorig gemütlich, eher verträumt und bietet mit seinen sieben unterschiedlich großen Inseln dem Auge eine wohltuende Abwechslung. Weil mich Wasser schon immer anzieht, habe ich mir also ein Urlaubsziel in Wassernähe ausgesucht und sitze während dieser Urlaubswoche schon des Öfteren mal am Ufer dieses wohltuenden Sees. Vor mir der See mit seinem im Sonnenlicht glitzernden Wasser, weiter links die Alpen und um mich herum Einheimische und Urlauber, die wissen, wie schön es hier ist und die Atmosphäre genießen, genau wie ich.
Die Unterkunft – Ferienwohnung mit Anschluss
Ich suche meine Unterkunft, eine hübsche Ferienwohnung, ein wenig außerhalb des Zentrums von Murnau. Süß, die 2-ZKB Wohnung mit Balkon und Familienanschluss. Gut, wer das nicht mag, der kann´s auch ohne Familie machen, aber ich mag das. Ein Hund gehört ebenfalls zur Familie und Hunde liebe ich. Allerdings passt der gemütliche „Köter“ (Bernhardiner) dann doch lieber auf sein Haus auf, als dass er NUR freundlich mit den Schwanz wedelt, wenn ich in meine Hütte will. Bereits am nächsten Tag schon haben wir uns einvernehmlich arrangiert – es war dann doch Liebe.
Der erste Blick aus meiner Ferienwohnung ist der spannendste. Ich will wissen, was mich erwartet. Und da ist es, das Haus von Gabriele Münter, der berühmten Expressionistin, die noch heute in Murnau überall zu spüren ist. In diesem Haus hat sie gemalt, gelebt und die dann eher leidvolle Erfahrung mit dem Mann ihrer Träume, Wassily Kandinsky, gemacht. Da will ich hin, morgen schon.
Aufwachen in Murnau – der erste Tag
Mein erster Weg führt mich am nächsten Morgen allerdings in´s Zentrum, weil das Münter-Haus nur nachmittags geöffnet ist; Obermarkt, Untermarkt, Fußgängerzone vom Feinsten. Mittendrin die Mariensäule und jetzt kann ich verstehen, warum man Murnau das deutsche Innsbruck nennt. Die Säule, knallblauer Himmel, die Alpen – es scheint sich auf exquisite Weise zu wiederholen. Nach einem Bummel die lange Fußgängerzone, die links und rechts mit schönen Geschäften, dazwischen mal ein Gasthaus, geziert ist, hinunter und zurück, will ich am Nachmittag zum Münter-Haus, dem Russenhaus. So nannten es die Murnauer, weil ja der Kandinsky „a Russ´ woar“. Man stelle sich vor, der katholische bayerische Markt, in dem jetzt die Münter in wilder Ehe mit einem Russen lebt und alle Naslang von anderen eher „fragwürdigen Künstler-Typen“ Besuch bekommt! Anfang des 20. Jahrhunderts war´s halt „do no a weng onders“ …
Das Münter-Haus, das Russenhaus
Also, jetzt zum Münter-Haus am Hang. Das Häusel liegt in einem hübschen Garten, geziert mit Kräutern und Blumen und es wirkt sehr feminin. Wüsste man nichts von seinen ehemaligen Bewohnern, man würde dennoch bereits draußen eine besondere Atmosphäre spüren. Das heutige Museum wird liebevoll gepflegt, denn immerhin, es ist die Geburtsstätte des „Blauen Reiters“. Ich bleibe eine gute Weile, schaue mich im Haus um, lasse es auf mich wirken. Doch dann will ich zurück in die frische Alpenluft und anderes erleben. Viel fremde Vergangenheit …
Murnauer Moos – Naturschutzgebiet mit Alpen-Panoramablick
Es ist nicht weit vom Münter-Haus zum Murnauer Moos, einem beeindruckenden, über 20 qkm großem Naturschutzgebiet von unglaublicher Schönheit. Da laufe ich jetzt hin. Auch hier werde ich öfters mal gegen Abend auf einer der Bänke sitzen, die an den herrlichen Wegen durch´s Moos mit Blick auf die Alpen stehen. Es wird eine Nacht geben, da sitze ich da und sehe von einem so klaren Sternenhimmel, wie ich ihn zuhause nie gesehen habe, eine blaue Schnuppe sausen und ich weiß, hierher werde ich zurückkommen.
Eine Woche Urlaub in Oberbayern
Ab dem 2. Urlaubstag lasse ich es gemütlicher angehen, denn eine Woche ist Zeit genug, sich mit der Umgebung anzufreunden. Der nächste Tag gilt der Umgebung. Zuvor jedoch Frühstück. Nein, nicht in der eigenen Ferienküche, sondern draußen im Markt – super herrlich, mega!! Sonne, blauer Himmel, Alpenfeeling. Dann geht´s nach Froschhausen mit seinem tümpelgroßen Seechen, in dem ich später baden werde. Klein und gemütlich liegt der kleine Badesee vor einer „Kuhwiesen-Alpenpanormakulisse“, grad wie aus dem Bilderbuch – ich komme ins Schwärmen. Gleich daneben liegt der Ort Riegsee mit einem See, der sich als See schon eher sehen lassen kann. Ich wundere mich nicht über meine Wahl – Wasser, wohin mein Auge blickt! Und in erreichbarer Weite die großen, die berühmten der oberbayerischen Seen – Ammersee, Starnbergersee, Kochelsee, Walchensee, Tegernsee ….
Oberammergau und Kloster Ettal
Es reizt mich total. Obwohl ich Oberammergau gerne im Winter erlebt hätte, weil die romantische Seite in mir ein kitschig schönes Bild gespeichert hat, muss ich mich mit dem berühmten Schnitzer-Dorf im Sommer zufrieden geben – aber was soll´s. Mein Weg nach Oberammergau führt mich über Kloster Ettal, der berühmten Benediktiner Abtei. Hier mache ich den Zwischenstopp und besuche Abtei und Klosterhof, schaue mir die imposanten barocken Gemälde im Inneren der Klosterkirche an, lasse die Atmosphäre auf mich wirken und genieße noch für einige Zeit im Klosterhof auf einer Bank den Abstand zum Alltag. Menschenhand kann so Schönes erschaffen!
Es geht weiter nach Oberammergau – Passionsspielort, Heimat der Herrgottsschnitzer und Lüftlmaler, Winterskiort und Besuchermagnet. Alpenländische Architektur mit bunt bemalten Fassaden, Balkone mit überquellenden Blumenkästen, in gefühltem jedem 2. Haus eine Schnitzerwerkstatt mit Schnitzereien hauptsächlich sakraler Motive. Bunt, berühmt, lebendig – ich mag´s, das bayerische Savoir Vivre und bleibe bis zum Abend.
Zurück in meiner FeWo überkommt mich die Lust auf ein kühles dunkles Weißbier und im Markt genieße ich ein richtig leckeres Franziskaner Weizen. Aber da kannte ich das Andechser Bier noch nicht, was sich aber (viel später) ändern sollte.
Der 3. Tag und folgende
Wer glaubt, eine Woche Urlaub sei Zeit genug, der irrt. Die Tage in Oberbayern fliegen nur so dahin. Garmisch ruft + ich folge, doch meinen heimlichen Wunsch, mit Zugspitzbahn + Gletscherbahn auf die Zugspitze zu gelangen, muss ich mir verwehren – ich werde abgelenkt. Es muss ein Traum sein, da oben zu stehen und auf die Gipfel der deutschen, österreichischen, schweizer und italienischen Alpen zu blicken – ich werde es nachholen. Für heute hatte ich mir eine ca. 100 km Tour vorgenommen, die mich von Garmisch über Mittenwald zum Walchensee, dem Kochelsee und zurück nach Murnau führen wird. 100 km ist ja nicht viel, aber diese Tour zieht sich und liefert mir beeindruckende Bilder. Auf Anhieb verliebe ich mich in den Walchensee, mein Kleinod unter den oberbayerischen Seen. Fast ohne Uferbebauung (Lawinengefahr, erzählt mir ein netter Mensch), kalt und kristallklar liegt Deutschlands höchster Gebirgssee vor mir und ich bin fasziniert. Eine Stunde bleibe ich, sitze am Ufer und lasse meine Gedanken schweifen – das ist Relaxen pur! Es ist überraschend still an diesem See, was seine Schönheit untermauert. Dann geht es die kurvige, steile Straße hinunter zum Kochelsee, der auch seinen Reiz hat, mich aber nur bedingt in seinen Bann zu ziehen versteht. Und schon neigt sich der Ausflug seinem Ende und ich befinde mich auf der Rückfahrt nach Murnau.
Der 4. Tag – Ammersee + Kloster Andechs
Die folgenden Tage verbringe ich damit, den oberbayerischen Seen im 5-Seen-Land einem nach dem anderen einen Kurzbesuch abzustatten, damit ich wenigstens einen Eindruck bekomme. 6 Tage reichen dann doch nur zum kurzen Kennenlernen, weil jeder Ort so viel zu bieten hat. So folgt auf den Walchen- und den Kochelsee der Ammersee. Meine Rundreise beginnt in Dießen, geht über Utting rund um den See. In Herrsching kratze ich, nach einem lässigen Mahl in einem Biergarten am See und dem Besuch des Kurpark-Schlösschens die Kurve hinauf zum Kloster Andechs. Dort suche ich in der Klosterkirche ruhige Einkehr, die ich leider wegen Renovierungsarbeiten + unglaublich vieler, leise schwätzender Besucher nicht finden kann. Gut, das geht auch anderswo.
5. + 6. Tag – Starnbergersee + Tegernsee
Der Starnberger See ist der Münchner Haus-See – groß, flach, hell und von unglaublicher Schönheit. Man sagt, sein Wasser habe Trinkwasserqualität. Meine Tour führt mich am 5. Tag ca. 60 km rund um den See. Sie beginnt in Seeshaupt, wo ich den ersten genialen Eindruck dieses Prachtstücks bekomme. Dann geht´s weiter nach Bernried und hier nehme ich mir Zeit für einen Besuch des Buchheim Museums (Völkerkundliches, Malerei, Architektur). Das dauert. Weiter nach Tutzing, Starnberg, wo ich speisen werde, dann Berg (wo im See vor Schloss Berg der „Kini“, gemeint ist König Ludwig II von Bayern, 1886 angeblich sein Leben ließ – man weiß es nicht genau.), Münsing und wieder Seeshaupt. Als ich nach einer lässigen Tour um den Starnberger See in Murnau ankomme ist nochmal Zeit zum Baden im Froschhauser See!
Am nächsten Tag will ich an den Tegernsee! Der liegt ca. 50 km östlich von Murnau in einer tiefen Mulde. Vorbei an Bad Tölz bis nach Gmund a. T. und da: Der See! – beschaulich, irgendwie verträumt. Aber das scheinen ihm die einst berühmten Ferienorte wie Bad Wiessee, Rottach-Egern und Tegernsee irgendwie nicht zu gönnen. Es ist Sommer, die Besucherzahlen halten sich mächtig in Grenzen und trotzdem, man spürt den vergangenen Charme dieser Orte und erwartet von diesem See mehr. Die Orte am See halten mich nicht lange auf und ich beschließe auch dem Schliersee einen Besuch abzustatten. Das ist bezaubernd hier und ich nehme mir eine Wanderauszeit auf herrlich sonnenbeschienenem Weg durch Bergwiesen mit Seeblick. Der Duft der Wiesenblumen und Gräser steigt mir in die Nase und ich fühle mich „sauguad“. So geht auch dieser Tag langsam seinem Ende zu und ich mache mich auf den Rückweg nach Murnau, wissend dass ich auch hier nicht das letzte Mal war.
Ade Oberbayern – bis bald
Es ist soweit, ich muss wieder los. Koffer gepackt, Auto getankt – ein Servus für die Hausleut´ und den Hund – ich mache mich auf den Nachhauseweg. Werfe einen letzten Genussblick auf den Staffelsee, der Blick auf die Alpen bleibt mir viel länger erhalten und schon bin ich auf dem Weg dahin, woher ich vor einer Woche gekommen war. Und eins ist klar, ich komme wieder ….
Bildquellenverzeichnis:
#1 Murnau am Staffelsee – Petra Dirscherl / pixelio.de #2 Murnau mit Mariensäule – Axel Hoffmann / pixelio.de #3 Kloster Ettal – Wolfgang Dirscherl / pixelio.de
#4 Münterhaus / Ufer des Staffelsees / Ammersee / Tegernsee – Pixabay.com
Hallo Robin,
ich habe Ihren Reisebericht mit viel Freude gelesen. Wir sind im Moment dabei für einen Kunden eine Broschüre zu erstellen und sind auf der Suche nach Bildern aus Murnau. Uns hatte Ihre Blick auf die Mariensäule in der Fußgängerzone von Murnau gefallen. Wäre es möglich das Foto für unser Projekt zu bekommen und wenn ja zu welchen Konditionen. Es würde uns freuen, wenn Sie zu uns Kontakt aufnehmen.
0351 86261906
0175 4631193
Viele Grüße aus Dresden
Ursula Mehlhorn